Wie verhalten sich verärgerte Kunden? (Teil2)
Wie verhalten sich verärgerte Kunden? In der letzten Woche berichtete ich von einem Experiment – hier ist die Auflösung!
𝐙𝐮𝐫 𝐀𝐮𝐬𝐠𝐚𝐧𝐠𝐬𝐬𝐢𝐭𝐮𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧:
Der Psychologe Dan Ariely untersuchte in mehreren Experimenten die Lust von Kunden auf Revanche. Dazu wurden Gäste in einem Cafe gefragt, ob sie an einem Test mitmachen wollen. Für die Teilnahme erhielten sie 5 Dollar. Es gab zwei Gruppen: Eine, die ganz normal behandelt wurde, und eine zweite, bei der der Versuchsleiter während der Auszahlung einen fiktiven Anruf auf seinem Handy entgegennahm und das unkommentiert lies. Allen Teilnehmern wurden „versehentlich“ mehr als die vereinbarten 5 Dollar ausgezahlt. Die spannende Frage lautete: Hat das Verhalten des Testleiters in der 2. Gruppe darauf einen Einfluss?
Diese Frage stellte ich auf Linkedin: Nahezu alle Teilnehmer tippten auf die richtige Antwort: Das Telefonat hatte eine sehr große Auswirkung! Vielen Dank an alle, die mitgemacht haben!
𝐃𝐚𝐬 𝐄𝐫𝐠𝐞𝐛𝐧𝐢𝐬 𝐝𝐞𝐬 𝐄𝐱𝐩𝐞𝐫𝐢𝐦𝐞𝐧𝐭𝐬:
– 1. Gruppe (normal behandelt): 45 Prozent gaben die überzähligen Scheine zurück
– 2. Gruppe (mit Telefonat): Nur 14 Prozent gaben das zuviel bezahlte Geld zurück!
Erschreckend ist, welche Einfluss ein einfaches Telefonat von 12 Sekunden auf die Gefühle der Teilnehmer hatte! Wie verhält es sich erst bei größeren Themen und intensiverer, persönlicher Verärgerung?
Zwei weitere interessante Erkenntnisse sind:
Die Höhe des zuviel ausbezahlten Betrags hatte kaum Einfluss auf die Entscheidung der Probanten, d.h. es war irrelevant, ob die Teilnehmer 6, 7 oder 9 Dollar erhielten.
Auch die Stellung des Versuchsleiters spielte keine Rolle bei der Rache, d.h. ob er sich als der Verantwortlicher für den Test oder nur als Mitarbeiter zu erkennen gab. Das sollte ein besonderes Alarmsignal sein! Denn dieses Ergebnis bedeutet im Umkehrschluss: Jedes (Fehl-) Verhalten eines einzelnen Mitarbeiters wird auf das ganze Unternehmen übertragen!
𝐖𝐢𝐞 𝐥ä𝐬𝐬𝐭 𝐬𝐢𝐜𝐡 𝐞𝐢𝐧𝐞 „𝐑𝐞𝐯𝐚𝐧𝐜𝐡𝐞“ 𝐯𝐨𝐧 𝐯𝐞𝐫ä𝐫𝐠𝐞𝐫𝐭𝐞𝐧 𝐊𝐮𝐧𝐝𝐞𝐧 𝐯𝐞𝐫𝐦𝐞𝐢𝐝𝐞𝐧?
Auch hierzu liefern die Experimente von Dan Ariely Antworten. Die erste ist: Zeit. Je länger das Erlebnis zurückliegt, umso mehr lässt der Wunsch auf Rache nach. Das sollte jedoch nicht der Ansatz für ein Unternehmen sein, das erfolgreich sein und wachsen will.
Die zweite Lösung ist, sich für Fehlverhalten zu entschuldigen. Bei einem erneuten Experiment gab es eine dritte Gruppe, bei der sich der Versuchsleiter nach dem Telefonat entschuldigte und sagte, dass er den Anruf nicht hätte annehmen sollen. Die Entschuldigung heilte die Verärgerung, so dass in etwa gleich viele das zuviel gezahlte Geld zurückgaben wie diejenigen, die normal behandelt wurden!
Arielys Merksatz war: „1 Ärger + 1 Entschuldigung = 0 Ärger“
𝐌𝐞𝐢𝐧 𝐓𝐢𝐩𝐩: Sorgen Sie mit einem überzeugenden WHY, einer hervorragenden Customer Journey und wirkungsvollen Touchpoints dafür, dass eine solche Situation gar nicht entsteht!