Kundenbeziehungen gestalten aus der Sicht der Neuroscience
Eine interessante Erkenntnis zur Gestaltung von Kundenbeziehungen aus meiner Urlaubslektüre:
Die meisten Unternehmen haben erkannt, dass eine emotionale Kundenbeziehung ein langfristiger Erfolgsfaktor ist. Erfüllte Erwartungen, positive Erlebnisse und emotionale Mehrwerte führen zu einer hohen Loyalität und Begeisterung. Das habe ich in meinem Buch „Die KundenHerzGewinner“ dargestellt.
Interessant ist der Blick der Wissenschaft auf dieses Thema. Dan Ariely spricht in seinem Buch von zwei Ebenen, in denen wir uns als Menschen/Kunden bewegen:
1. Soziale Normen
2. Marktnormen
Zu den sozialen Normen zählen z. B. Geschenke zu besonderen Anlässen. Nehmen wir an, Sie besorgen eine Flasche Wein zum Geburtstag eines Freundes. Das löst positive Gefühle aus und stärkt die soziale Bindung. Wenn Sie jedoch bei der Geschenkübergabe stolz erwähnen, dass Sie den Wein billig aus einem Abverkauf „geschossen“ und ihn für die Hälfte des normalen Preises gekauft haben, wird sich der Beschenkte das lange merken. So stolz Sie auf Ihren wirtschaftlichen Erfolg sein können, so sehr ist die Beziehungsebene nachhaltig beschädigt. Denn: Die bloße Erwähnung von Geld führt dazu, dass wir Menschen Marktnormen heranziehen.
Das bedeutet: Es ist für Unternehmen eine schwierige Gradwanderung, die soziale Beziehung zwischen Unternehmen, Verkäufer und Kunde zu fördern, aber gleichzeitig für jede einzelne Dienstleistung „knallhart“ Preise zu berechnen. Ariely bringt als Beispiel einen geplatzten Scheck bei einer Bank, die in dem Fall Gebühren berechnet. Unter Marktnormen betrachten ist das ok. Wenn die Bank aber viel in die Beziehung investiert, dann wäre unter sozialen Normen zunächst ein Anruf des Beraters angebracht. Verstößt das Unternehmen gegen die sozialen Normen, setzt der Kunde die Beziehung wieder auf die wirtschaftliche Ebene zurück. „Man kann seine Kunden nicht in einem Moment wie Familienmitglieder behandeln und im nächsten Moment wieder unpersönlich, … weil dies vielleicht bequemer und profitabler ist“ (Ariely: Denken hilft zwar, nützt aber nichts, 2015).
In der Marktnorm gelten Preise und keine Emotionen. Wer bei seinen Kunden mit spitzem Bleistift rechnet, darf sich nicht wundern, wenn diese die Lupe herausholen und dort kaufen, wo es für sie günstiger ist.
Mein persönliches Fazit: den Kunden von Händlern, Handwerkern, Banken, Versicherungen usw. ist bewusst, dass es sich um eine geschäftliche Beziehung handelt. Trotzdem können enge, vertrauensvolle und persönliche Beziehungen aufgebaut werden. Allerdings ist darauf zu achten, die Beziehung NICHT mit unnötigen „Schmerzpunkten“ zu belasten. Das sind meistens Kleinigkeiten im Verhältnis zum Gesamtvolumen. Z. B. wenn Sie in Ihrem Lieblings-Restaurant einen Grappa zahlen müssen, während man ihn sonst kostenlos beim Bezahlen bekommt, oder wenn ihr langjähriger Elektriker Anfahrtskosten berechnet, obwohl er nur 500 Meter entfernt ist.